„Die Mitarbeitenden der Diakonie erleben tagtäglich die Folgen von Armut“

Dinslaken. 1965 lebte jedes 75ste Kind in einem Haushalt, der Sozialleistungen bezog. Heute, 57 Jahre später, lebt jedes 7. Kind in einem solchen Haushalt. Obwohl die deutsche Gesamtgesellschaft viel reicher geworden ist. Mit diesem erschreckenden Beispiel und weiteren Fakten zeigte Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge jetzt auf dem Fachtag „Kein Kind in Armut“ der Diakonie im Ev. Kirchenkreis Dinslaken den dringenden Handlungsbedarf auf. Rund 100 Mitarbeitende hörten sich einen bedrückenden Vortrag an, der mehr als einmal verdeutlichte, dass die Kluft zwischen arm und reich größer wird. „Armut drängt sich immer mehr in die Mitte der Gesellschaft“, so Christoph Butterwegge. Dies treffe natürlich besonders die Kinder. „40,5 Prozent der Alleinerziehenden und 30 Prozent der Mehrkinderfamilien sind in Deutschland armutsgefährdet“, berichtete der Politikwissenschaftler. „Wir müssen die Menschen ermutigen, an diesen ungerechten Verhältnissen etwas zu ändern. Es muss mehr Solidarität in die Gesellschaft gebracht werden“, forderte Christoph Butterwegge.

Den dringenden Handlungsbedarf bestätigten auch die Beispiele aus der Praxis der Mitarbeitenden Diakonie: Im Bereich des Offenen Ganztages haben immer mehr Schüler kein Arbeitsmaterial, immer mehr Eltern können sich das Mittagessen für ihre Kinder nicht leisten, und  immer mehr Kids kommen mit abgetragener Kleidung zur Schule. Die Mitarbeitenden der Jugendhilfe beraten viel mehr Familien, denen es an Geld für Lebensmittel, Kleidung, W-Lan oder Ausflüge fehlt. Das Team der Arbeitsmarktbetreuung hat regelmäßig Jugendliche in der Beratung, die keine berufliche Orientierung haben und keinen Zugang zu Hilfen bekommen.

Zum Abschluss der Veranstaltung in der Friedenskirche in Dinslaken hielt Annette Berger, Koordinationsstelle Kinderarmut, LVR-Landesjugendamt Rheinland, einen Impulsvortag. Der Fachtag wurde im Rahmen des Aktionsjahres der Diakonie gegen Kinderarmut abgehalten. „Ziel war es die Mitarbeitenden noch mehr für das Thema zu sensibilisieren und ihre Ideen und Anregungen zu sammeln“, so Alexandra Schwedtmann, Geschäftsführerin der Diakonie. „Schließlich erleben die Mitarbeitenden tagtäglich in ihrer Arbeit die Folgen von Armut“, so die Geschäftsführerin. Dieter Zisenis vom Laboratorium, der Bildungseinrichtung von vier Evangelischen Kirchenkreisen am Niederrhein, moderierte die Veranstaltung. Die Begrüßungsrede wurde von Friedhelm Waldhausen, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Dinslaken, gehalten.